Neonazi-Demo gegen Leipziger CSD – Polizei plant Großeinsatz

Am 17. August wollen bis zu 1000 Rechtsextreme in Leipzig aufmarschieren. Ihre Demonstration unter dem Titel „Weiß, normal, hetero“ richtet sich gegen die Aktionswoche zum CSD in der Messestadt.

Am 17. August feiert Leipzig den Höhepunkt der Aktionswoche zum Christopher Street Day (CSD). Bundesweit wird für diesen Sonnabend nun aber auch für eine Neonazi-Demonstration in der Messestadt mobilisiert, die sich gegen den CSD richtet. Laut Leipziger Ordnungsamt wurde der rechtsextreme Aufmarsch unter dem Titel „Weiß, normal, hetero“ angezeigt. Dafür ist von bis zu 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Rede. Die Leipziger Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz vor, fordert Verstärkung an.

Erst am vergangenen Wochenende hatten Hunderte gewaltbereite Neonazis in Bautzen versucht, den dortigen CSD zu stören und die Teilnehmenden zu bedrohen. „Als Polizeidirektion Leipzig haben wir die Geschehnisse am Wochenende in Bautzen aufmerksam verfolgt, aber auch beispielsweise die am 1. Juni 2024 in Dresden“, sagt Behördensprecher Olaf Hoppe gegenüber der LVZ. Die Sicherheitskräfte vor Ort hatten sich dabei auch mit anderen Behörden ausgetauscht und zudem die Mobilmachung in sozialen Netzwerken im Blick behalten.

Leipziger Polizei: „Wir werden den CSD schützen“

Hoppe spricht von „Aufrufen rechter und rechtsextremer Gruppierungen zum Protest gegen den Leipziger CSD“, die einen größeren Einsatz am Sonnabend notwendig machen. „Wir befinden uns in der Vorbereitung und fordern mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei zur Unterstützung an“, so Hoppe weiter.

Die Protestaktionen der queeren Szene zum Christopher Street Day in Leipzig sind abgesehen von jenen in Berlin die größten in Ostdeutschland. In den vergangenen Jahren hatten sich regelmäßig bis zu 30.000 Menschen an der farbenfrohen und ausgelassenen Parade durch die Leipziger City beteiligt. In diesem Jahr erwartet das Veranstaltungsteam bis zu 18.000 Menschen.

„Wir werden den CSD schützen. Gleichwohl gilt das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auch für die Teilnehmenden der unter dem Motto ‚Weiß, normal und hetero‘ angezeigten Gegendemonstration“, so Polizeisprecher Hoppe.

Im Netz kursiert in einschlägigen rechtsextremen Gruppen ein Plakat, das zur Teilnahme an der Nazi-Demo gegen den CSD auffordert. Als Urheber wird eine aus Berlin und Brandenburg stammende Gruppe angegeben. Aber auch aus Sachsen-Anhalt und von rechten Gruppierungen aus Leipzig gibt es Mobilisierungen zur Nazi-Demo. Laut Information auf dem Foto wollen sich die Rechtsextremen am Leipziger Hauptbahnhof treffen. Wie die Stadtverwaltung am Dienstag erklärt hat, wurde der Aufzug für 11 Uhr angezeigt und soll bis 16.30 Uhr gehen.

Im selben Zeitraum ist auch die Parade des CSD geplant. Nach der Auftaktkundgebung auf dem Augustusplatz soll sich die Parade am Nachmittag mit zahlreichen Fahrzeugen erst in den Südosten der Messestadt und später auch zum Hauptbahnhof bewegen. Am Dienstag ist aus dem Neuen Rathaus mitgeteilt worden, die Routen der beiden Aufzüge seien aktuell noch in Abstimmung. Nach Bekanntwerden des rechtsextremen Aufmarsches ruft die Initiative „Leipzig nimmt Platz“ inzwischen dazu auf, den Leipziger CSD zu schützen.
700 Rechtsextreme bedrohen CSD in Bautzen

Am Samstag war die Polizei in Bautzen von gut 700 Neonazis überrascht worden, die sich parallel zum dortigen CSD versammelt hatten und dann mit rechtsextremen Parolen durch die Stadt gelaufen waren. Die Abschlusskundgebung des CSD konnte in der ostsächsischen Stadt nur unter starkem Polizeischutz stattfinden. Teilnehmende sprachen von Angstzuständen – vor allem aufgrund der Drohungen der Neonazis. Die eigentlich geplante Abschlussparty musste abgesagt werden.

„Es ist grauenhaft“, hat Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) am Dienstag mit Blick auf die Ereignisse in Ostsachsen gesagt. Er hat betont, dass der Schutz der Veranstaltung höchste Priorität gehabt habe. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) war nach den Ereignissen für sein langes Schweigen scharf kritisiert worden. Am Montag erklärte er laut Sächsischer Zeitung bei einem Wahlforum in Görlitz, es sei unsäglich, dass eine solche Versammlung von Rechtsextremen bedroht werde.

Der Leipziger CSD findet jährlich seit 2004 statt und ist Teil einer weltweiten Initiative. Mit der Demonstration soll an einen queeren Aufstand rings um die New Yorker Christopher Street im Jahr 1969 erinnert werden. Nach gewalttätigen Razzien an schwulen Treffpunkten und in Szenebars der Stadt hatten sich damals die queere Subkultur tagelang Straßenschlachten mit der New Yorker Polizei geliefert. Im Jahr darauf hatte in Erinnerung an die Opfer erstmals der „Christopher Street Liberation Day“ in der US-Metropole stattgefunden.

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Florian Reinke 16.08.2024

CSD-Parade und rechtsextremer Gegenprotest: Das erwartet Leipzig am Samstag

Tausende Menschen wollen am Samstag den Christopher Street Day (CSD) in Leipzig feiern. Die Polizei bereitet sich seit Tagen vor: Denn parallel werden bis zu 1000 Teilnehmer auf einer rechtsextremen Kundgebung erwartet. Es drohen erhebliche Verkehrseinschränkungen. Ein Überblick.

An den vergangenen Christopher Street Day (CSD) dürften sich viele, die in Leipzig dabei waren, noch gern erinnern – es war ein friedliches, buntes Fest, getragen von Tausenden Menschen. Geht es nach den Organisatoren, soll sich das in diesem Jahr wiederholen – doch zweifelsohne steht der Höhepunkt der Leipziger CSD-Woche 2024 unter anderen Vorzeichen.

Nach einem rechtsextremen Aufmarsch in Bautzen wird der diesjährige CSD unter hohen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden, denn auch in Leipzig werden Gegendemonstranten aus dem rechtsextremen Milieu erwartet. Die Polizei bereitet sich seit Tagen vor. Was bisher bekannt ist – ein Überblick.

Bis zu 18.000 Teilnehmer auf CSD-Kundgebung erwartet

Mit Abstand die meisten Menschen werden am Samstag auf dem Augustusplatz erwartet: 18.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden dem Leipziger Ordnungsamt für die Auftaktversammlung des CSD ab 11.30 Uhr angezeigt. Nach dem Straßenfest, das der Verein CSD Leipzig angemeldet hat, folgt der feierliche Aufzug zwischen 13 und 16 Uhr.

Die Route ist inzwischen bekannt: Sie führt laut Ordnungsamt über Grimmaischen Steinweg, Prager Straße, Bundesstraße 2, Johannisallee, Straße des 18. Oktober, Windmühlenstraße, Wilhelm-Leuschner-Platz (Ecke Dimitroffstraße), Schillerstraße, Petersstraße, Markt, Salzgäßchen, Reichsstraße, Am Hallischen Tor, Willy-Brandt-Platz (Hauptbahnhof) – schließlich endet der Aufzug wieder am Augustusplatz. Laut Ordnungsamt ist entlang der Route mit „erheblichen Verkehrseinschränkungen zu rechnen“. Betroffen sei insbesondere der Innenstadtring.

Gegendemonstration in Leipzig: Rechtsextreme mobilisieren

Was die Lage aus Sicht der Behörden komplex macht: Dem Ordnungsamt wurde eine Gegendemonstration mit bis zu 1000 Menschen angezeigt. Für den rechtsextremen Aufzug, der unter der Überschrift „stolz, deutsch, national“ steht, wird bundesweit mobilisiert. In sozialen Medien kursierten zuletzt Bilder, denen zufolge sich Rechtsextreme am Hauptbahnhof treffen wollten. Wo der Aufzug stattfindet, teilte das Ordnungsamt am Donnerstag allerdings noch nicht mit. Die Route sei noch in Klärung, hieß es in einer Übersicht. Wichtig ist: Diese ist noch nicht final. Die Lage sei „dynamisch“, hieß es dazu im Rathaus, offenbar laufen noch Abstimmungen.

Im Bereich des Hauptbahnhofs möchte das Aktionsbündnis „Leipzig nimmt Platz“ indes mehrere ortsfeste Kundgebungen unter dem Motto „Kein Platz für Nazis“ abhalten. Die Kundgebungen werden nach letzten verfügbaren Informationen des Ordnungsamtes an drei Orten jeweils von 9.30 bis 15 Uhr stattfinden: 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden für die Kundgebung am Hauptbahnhof zwischen Ost- und Westausgang angezeigt; jeweils 200 für Kundgebungen am Kleinen Willy-Brandt-Platz sowie auf der Ostseite am Busparkplatz. Zudem wurde in derselben Zeit ein Aufzug angekündigt, der in einer Abschlusskundgebung am Johannisplatz enden soll.

Polizei Leipzig: Hoher Kräftebedarf erforderlich

Die Polizei bereitet sich seit Tagen auf den Samstag vor. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren, sagte Polizeisprecher Olaf Hoppe am Donnerstag. Seinen Angaben zufolge war die Polizei ursprünglich von einem friedvollen, Lebensfreude versprühenden CSD ausgegangen, der lediglich für eine gefahrenfreie Durchführung über den Ring gesichert werden muss. „Nun sind wir in der Situation, dass sich Rechte und Rechtsextreme angemeldet haben, deren Absichten in Bautzen deutlich sichtbar waren“, sagt Sprecher Hoppe. In Dresden habe die Polizei bereits am 1. Juni handeln müssen, um den CSD in der Landeshauptstadt zu schützen. „Wir haben damit eine andere, höhere Gefährdungssituation vorliegen. Wir haben weiterhin das klare Ziel, dass der CSD so stattfinden kann, wie er geplant wurde, ebenso das anschließende Fest“, bekräftigte Hoppe.

Für die Polizei bedeutet das einen höheren Kräftebedarf. Neben vielen Polizisten der Reviere, der Verkehrspolizei und der Kriminalpolizei will die Polizei auch ihre Einsatzhundertschaft einsetzen – zudem wurden „mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei Sachsen sowie anderer Bundesländer angefordert“. Zusagen gebe es bereits aus Sachsen-Anhalt und Niedersachsen.

Es wird also voll in der Stadt. Schon am Vormittag, so die Polizei, werde es durch die rechte beziehungsweise rechtsextreme Versammlung und die drei Kundgebungen von „Leipzig nimmt Platz“ zu „temporären Verkehrseinschränkungen vorwiegend im Zentrumsbereich kommen“. „Die Bevölkerung wird gebeten, sich darauf einzustellen.“